Hoffnung

Heute ist Sonntag. Wieder einer ohne Kirchgang, ohne Predigt, Gesang und Gebet mit der Gemeinde. Vielleicht hat der eine oder die andere den Fernseh- oder Radiogottesdienst geschaut, oder einen Stream.

Hier gibt es keine Ersatzpredigt, aber einen etwas längeren Impuls, mit Liedvorschlägen und Bibelgeschichten zum dazu lesen, für die, die möchten. Man kann den Impuls aber auch so lesen.

Liedvorschläge: „meine Hoffnung und meine Freude“ GB 361; „Alles muss klein beginnen“ GB 576

Bibeltexte: 1. Mose 8, 1-12 und Römer 8, 24-28

Hoffnung durch die Zeiten

204 Tage Quarantäne – diese Zeitdauer erfüllt uns wahrscheinlich mit Schrecken. Da fällt einem ja die Decke auf den Kopf.

Wir haben mehr oder weniger 14 Tage an Veranstaltungsstop, „Social-Distancing“ und Ausgangslimitierungen durchlebt. Manchen Menschen tat das gut, andere haben dadurch jetzt existentielle Nöte, Kurzarbeit oder noch Schlimmeres.

Es würden trotzdem noch 190 Tage fehlen, um mit Noah und den Tieren auf der Arche wirklich „mithalten“ zu können. Daher kommt nämlich diese Dauer von 204 Tagen, es ist die Zeit, die in der Geschichte von Noah genannt wird. So lange ist die Arche auf den Fluten unterwegs. Hoffen wir, dass das bei uns nicht notwendig sein wird.

Was trägt einen Menschen durch solch eine Zeit der Isolierung und Limitierung? Was trägt durch die Ungewissheit und was lässt uns doch irgendwie weitermachen? In der Geschichte von Noah und der Arche ist das Symbol für das was trägt ein Vogel. Die Taube, die mit dem Ölzweig zu Noah zurückkehrt, als das Wasser schwindet ist ein Symbol der Hoffnung. Hoffnung auf Frieden und Freiheit. Hoffnung darauf, dass es einen Neuanfang gibt, dass Manches weitergeht. Noch heute wird sie oft gebraucht, zum Beispiel in der bekannten Zeichnung von Pablo Picasso, der die Friedenstaube mit dem Hoffnungszweig in wenigen Strichen eindrücklich skizziert.

Hoffnung zu haben in dieser Zeit, ist viel verlangt. Denn es scheint alles ziemlich hoffnungslos zu sein. Man weiß nicht, wann es einen Impfstoff geben wird, man kann nicht richtig sagen, wann alles wieder beim Alten ist, oder ob überhaupt. Man weiß nicht, on die Hamsterkäufer bald zur Vernunft kommen. Ob man gesund bleibt oder sich wieder erholt.

Hoffnung scheint rar, aber eigentlich ist Hoffnung das was wir jetzt haben und brauchen. Paulus beschreibt Hoffnung nämlich so:

Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.

Paulus in seinem Brief an die Römer, Kapitel 8, 24+25

Mein Befund ist: Im Moment ist die Lage eigentlich genau richtig zum Hoffen, denn etwas anderes bleibt uns kaum übrig. Wir sehen nicht weit im Moment, obwohl wir uns daran gewöhnt haben, weit zu sehen und weit zu planen.

Unsere Kalender gehen mindestens mal bis zum nächsten Jahr, ich habe schon jetzt alle Urlaube bis Februar 2021 geplant. Ich habe alle Gottesdienste bis zum 17. Januar 2021 geplant, ich plane, wie es nach der Krise weitergeht. Obwohl ich nicht weiß wann sie vorbei ist – und ob dann noch alles beim Alten ist.

Ich sage: Das kann ich nur, weil ich Hoffnung habe. Aber Paulus meint mit seinem Verständnis von Hoffnung etwas anderes. Was er meint, kann mir in dieser unplanbaren Zeit wirklich weiterhelfen, mich tiefer bewegen, als nur dazu, möglichst alles stur oder trotzig weiterzumachen: Denn Paulus sagt: Hoffnung ist das, was wir nicht sehen, was wir nicht planen, was wir nicht managen oder organisieren können.

Hoffnung ist unsichtbar. Unplanbar. Sie ist da. Sie trägt uns, sie mündet in Gottvertrauen. Hoffnung in dieser Zeit ist besonders gefragt. Hoffnung kann beruhigen und durch die Krise tragen, selbst wenn wir nicht wissen was kommt. Ich möchte an dieser Stelle vorschlagen, dass wir jetzt versuchen uns dieser Hoffnung hinzugeben, die uns ruhig macht und die unsere Seele still sein lässt bei Gott:

Hoffnung heute: ein Versuch

Lange vor Paulus hat der Beter dieses Psalms schon von der gleichen Hoffnung gesprochen. Auch heute können wir noch von dieser Hoffnung sprechen und von ihr zehren: Lasst uns versuchen, diese Hoffnung nicht mit dem zu verwelchseln, was wir uns wünschen. Hoffnung besteht nicht aus Desinfektionsmittel, oder Mundschutzmasken oder dem absurden Gedanken, dass Klopapier unsere Rettung sei. Hoffnung heißt nicht, dass einmal alles wieder genau so sein wird wie „vor Corona.“ Hoffnung zieht ihre Stärke aus dem, was noch nicht sichtbar ist.

Hoffnung ist das Gegenmittel, das wir jetzt schon haben, obwohl es noch keinen Impfstoff gibt. Hoffnung ist heitere Gelassenheit, Hoffnung bleibt in Kontak mit Gott uns unseren Mitmenschen, auch wenn dieser Kontakt nicht greifbar ist.

Hoffnung braucht keine Umarmung, kein Händeschütteln, nichts Sichtbares. Hoffnung ist unsichtbar, aber da. Sie zeigt sich in anderen Dingen und Handlungen, denn oft geschieht etwas aus Hoffnung heraus. Es gibt viele „Zeichen der Hoffnung“ um uns herum. Machen wir die Augen dafür auf: Gabenzäune für Menschen in Not, an denen Lebensmittel bereitgestellt werden, Einkaufshilfen, lange Telefonate, und bestimmt fällt euch noch mehr auf. Aber das alles ist nicht die Hoffnung an sich, sie bleibt unsichtbar.

Was hilft uns also die Hoffnung? Durch sie wird sich das, was passiert nicht ändern lassen. Aber wir werden uns durch sie ändern, und darauf kommt es an. Hoffnung kann uns, wie im Psalm beschrieben ruhig werden lassen. Sie hilft uns dabei uns Gott zuzuwenden und bei ihm Geborgenheit zu erfahren.

Hoffnung hilft uns dabei Geduldig zu sein, in der Zeit der Beschränkungen und des Ungewohnten. Sie lässt uns das Warten aushalten, so wie Paulus es beschreibt.

Und nicht zuletzt, ist die Hoffnung auch ein Antrieb, der uns in unser Innerstes gelegt wurde. Eine Intrinsische Motivation sozusagen. Sie motiviert dazu, dass wir helfen, wenn wir können. Sie motiviert uns dazu, Rücksicht zu nehmen und auf andere zu achten. Kurz: Hoffnung schenkt und ermöglicht Zuversicht. Das ist es, was wir grade dringend brauchen.

Und darum können wir, wenn nichts mehr hilft, Gott auch bitten. Wenn wir selbst keine Hoffnung spüren, oder manchmal die Zuversicht verlieren, schenkt uns Gott Hoffnung. In der großen ganzen Perspektive unseres Lebens, aber auch in den einzelnen, alltäglichen Situationen unseres Lebens. Viele solche hoffnungsvollen Erfahrungen wünsche ich euch allen!

-Almuth Zipf

Gebet:

Ratlos sind wir, Gott,
und bringen unsere Ratlosigkeit vor dich.
In Sorge um unsere Angehörigen sind wir,
und wir bringen unsere Sorge vor dich.
Bedrückt sind wir,
und wir bringen unsere Angst vor dich.
Dankbar sind wir für alle Menschen,
die uns Mut machen,
und wir bringen unseren Dank für sie vor dich.
Mitten hinein in unsere Angst
schenkst du uns das Leben.
Du schenkst uns
Musik,
Gemeinschaft und
die Fürsorge unserer Freunde und Nachbarn.
Du schenkst uns
Inspiration,
Freundlichkeit
und Mut.
Du schenkst uns
den Glauben, die Liebe und die Hoffnung.
Dir vertrauen wir uns an – heute und morgen und an jedem neuen Tag.
Amen.

Ein Gedanke zu „Hoffnung

  1. Liebe Almuth, vielen Dank für Deine guten Gedanken und Worte. Das hat uns gut getan.
    Ulrike und Markus

Kommentare sind geschlossen.