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Impuls zu Joh 16, 16-23 am Sonntag den 3.5.20 von Almuth Zipf
„Jubilate“
Liebe Brüder und Schwestern,
Wir warten… noch eine Woche…, noch einen Tag…, noch bis morgen früh.
Wie oft habe ich das in den vergangenen Wochen gesagt oder gedacht. Und wieviel mehr noch erlebt. Ihr vermutlich auch.
Nur eine kleine Weile noch:
-Warten wir darauf, dass es weitergeht. -Warten wir auf einen Impfstoff, -warten wir darauf, dass uns endlich jemand all unsere Fragen beantwortet.
Eine kleine Weile kann sich sehr lange anfühlen.
Wenn man wartet, kommt man leicht ins Grübeln. Wie lange dauert das noch? Man muss doch irgendwas tun können. Aber was?
Ungeduld macht sich breit – Unduldsamkeit.
Es ist eigentlich zu viel, das alles. Oder zu wenig.
„Gleich sind wir da“, sagt jemand auf unsere Fragen, oder „es geht gleich los.“
So richtig glauben wir das nicht. Wir wissen ja alle gleichwenig, was losgehen soll, oder wo das Ziel ist.
Ach, wenn alle doch weniger in Rätseln sprechen würden.
Ach, wenn nur jemand all die Fragen und alles, was wir nicht verstehen beantworten könnte.
Auch Jesus Christus spricht manchmal in Rätseln – und beantwortet längst nicht alle Fragen, die wir haben. Heute nicht und damals, bei seinen 12 Jüngern auch nicht.
Dazu steht in Joh 16, 16-23a folgende Geschichte
Abschied und Wiedersehen
16 Nur eine Weile, und ihr seht mich nicht mehr, und wiederum eine Weile, und ihr werdet mich sehen. 17 Da sagten einige seiner Jünger zueinander: Was meint er, wenn er zu uns sagt: Nur eine Weile, und ihr seht mich nicht, und wiederum eine Weile, und ihr werdet mich sehen? Und: Ich gehe zum Vater? 18 Sie sagten also: Was meint er, wenn er sagt: Nur eine Weile? Wir wissen nicht, wovon er redet.
19 Jesus merkte, dass sie ihn fragen wollten, und sagte zu ihnen: Darüber zerbrecht ihr euch den Kopf, dass ich gesagt habe: Nur eine Weile, und ihr seht mich nicht, und wiederum eine Weile, und ihr werdet mich sehen? 20 Amen, amen, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, die Welt aber wird sich freuen. Ihr werdet traurig sein, aber eure Trauer wird sich in Freude verwandeln. 21 Wenn eine Frau niederkommt, ist sie traurig, weil ihre Stunde gekommen ist. Wenn sie das Kind aber geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Bedrängnis vor Freude, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist. 22 So seid auch ihr jetzt traurig; aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und die Freude, die ihr dann habt, nimmt euch niemand. 23 An jenem Tag werdet ihr mich nichts fragen.
An jenem Tag werdet ihr mich nichts fragen, sagt Jesus. Ich hoffe, er sagt es nicht, weil ihm die Fragen lästig sind, sondern weil er weiß, dass es noch etwas Anderes geben muss als Fragen: Freude, die einem niemand nimmt. Das wiedersehen wird so großartig, dass mir meine vielen Fragen irgendwie nicht einfallen. Etwas so wie bei der Geschichte vom Verlorenen Sohn im Lukasevangelium. Beim Wiedersehen zwischen Vater und Sohn wird nicht gefragt, vor lauter Freude.
Kennt ist dieses Gedankenexperiment: „Stell dir vor du triffst Gott auf einen Kaffee (oder Tee, oder ein Glas Bier, oder was auch immer) und du kannst ihn fragen, was du willst, was wäre dann deine Frage?“
Was wäre die Frage? Habt ihr eine?
Würdet ihr endlich gesagt bekommen, dass ihr mit etwas Bestimmtem recht habt, weil Gott die Frage so beantworten würde wie ihr? Wärt ihr endlich erleuchtet und der Sinn des Lebens wäre erklärt? Wüsstet ihr endlich, das, was ihr immer wissen wolltet.
Oder würde dieses Treffen nicht ganz anders verlaufen? Es wäre denke ich eher ein Wiedersehen voller Freude, die nicht getrübt werden kann. Dieses Treffen wäre so unglaublich, dass alle Fragen wie weggewischt sind, weil man eben nichts braucht, als nur diesen Moment in der Gegenwart. Weil man ganz und gar gegenwärtig sein will, und alles andere, alle Schmerzen und Fragen die es bis dahin gab, von der Freude überstahlt werden.
Das ist ein schönes Bild. Ein schönes Gedankenexperiment, besonders in einer Zeit des Verzichts auf gemeinde und Gemeinschaft.
Jesus malt uns dieses Bild: Keine noch so große Frage, keine noch so lange Quarantäne, nicht einmal der Tod wird uns diese Freude trüben können.
Kennt ihr so eine Freude? Oder auch nur den Ansatz solch einer Freude? Erinnert ihr euch, wie sie sich anfühlt, wann ihr sie gespürt habt?
Der heutige Sonntag ist überschrieben mit dem lateinischen Wort „Jubilate.“ Es ist uns gut geläufig, es klingt wie „Jubel“ und genau das ist auch gemeint: „Jubelt, freut euch!“
Was bringt uns in dieser Situation gerade Freude? Jesus sagt: das Wiedersehen mit ihm, dass wir ihn wiedererkennen, als den Auferstandenen, der uns das Leben in Fülle ermöglicht.
Es geht hier also um eine Freude jenseits der Umstände. Freude die ihren Grund in Gott hat, nicht in dem wie es läuft oder ist.
Im Moment leben wir in Zeiten, in denen uns die Freude vielleicht im Hals stecken bleibt, oder dass man meint, sie müsste einem im Hals steckenbleiben. In denen man sich kaum traut sich zu freuen, man ist maximal dankbar für die Gesundheit oder eine überstandene Krankheit, oder dafür, dass man noch genug zum Leben hat, sich keine Sorgen machen muss.
Vielleicht fällt uns Freude gerade schwer, weil wir gelernt haben, dass wir uns freuen, wenn etwas gut gelingt, oder wir etwas geschafft haben.
Jesus sagt aber zu uns: ihr müsst nichts schaffen. Ich habe alles gemacht und wenn euch das klar wird, dann werdet ihr euch freuen. Ihr seid eine neue Schöpfung, Gott schenkt euch das Leben.
Es ist wie bei einem wirklich passenden und guten Geschenk. Man freut sich einfach, und ist vielleicht überrascht. Man genießt dieses Geschenk und bedankt sich voller Freude.
So ein Geschenk bekommen wir von Gott. Auch heute. In ganz und gar un-perfekten Umständen.
Wir bekommen es, und natürlich löscht es die Fragen nicht aus und löst auch nicht die Fragen unserer Zeit. Daran müssen wir uns beteiligen. Aber das „freuden-Geschenk“ befähigt uns dazu, uns einzubringen und die Zeit des Wartens zu gestalten.
Freude kann man empfinden, auch ohne dass alle Fragen beantwortet sind, Freude gibt es trotz Zweifels. Freude von Gott dringt zu uns Menschen durch, sie durchdringt uns.
Jubilate, das heißt „freut Euch“ Es klingt vielleicht wie ein Befehl, und klar ist, dass das nicht funktionieren kann. Aber vielleicht ist es auch eine Erinnerung: Vergesst nicht, es gibt Grund zur Freude. Ostern, das ist Grund zur Freude. Es ist nämlich nicht so, dass die Freude erst dann aufkommen kann, wenn alle Fragen und Nöte beseitigt sind, oder alles endlich gut ist. Freude gibt es auch schon jetzt, in einer kleinen Weile. Nicht erst am Ende der Zeiten, nicht erst, wenn alles vorbei ist. Wir können uns jetzt schon freuen, weil wir von Gott das perfekte Geschenk für uns hat: neues Leben, Freude, die uns niemand nimmt. Und darauf müssen wir nicht mehr warten, denn wir habe es schon geschenkt bekommen.
Amen.
Gebet:
In dir ist Freude, Jesus Christus.
Unser Leben ist mehr, als das, was wir sehen und haben, mehr als Wissen und Erfolg. Wir haben unser Leben durch dich neu geschenkt bekommen. Das erfüllt uns mit Freude ohnegleichen. Darüber können wir uns nur wundern und dir danken.
Wir bitten dich, hilf du uns dabei, diese Freude in unserem Leben zu entdecken, zuzulassen und aus ihr Kraft zu schöpfen. Hilf uns dabei, dass wir uns selbst und anderen diese Freude gönnen. Schenke uns, dass wir diese Freude erleben und mit ihr anderen Menschen und unserer Umwelt begegnen.
Amen.