Am Freitag, 10. Juli 2015, 19.30 Uhr, hat Dr. Gudrun Silberzahn-Jandt in der Christus-Kapelle in Hegensberg, Stöckenbergweg 5, einen Vortrag zu den rassenpolitischen Maßnahmen wie Zwangssterilisation und „Euthanasie“ in Esslingen gehalten. Veranstalter waren die Evangelisch-methodistische Kirche und der Verein „Wir vom Berg“.
Die Kulturwissenschaftlerin forscht seit vielen Jahren zu diesen Themen – auch zu Zwangsarbeit in der Nazi-Zeit – und hat in ihrer neuen Studie die verschiedenen Umsetzungsebenen einer eugenischen Bevölkerungspolitik in Esslingen umfassend und methodisch neuartig untersucht und bezieht darin die lokalen Akteure – Täter und Opfer – mit ein.
Die akribisch und aufwändig durchgeführten Recherchen ergaben, dass 98 Männer, Frauen und Kinder, die vor ihrer Anstaltsunterbringung in Esslingen gelebt hatten oder hier geboren waren, ermordet wurden. Sechs Kinder wurden, nachdem ihre Eltern dazu gedrängt worden, waren, sie in Kinderfachabteilungen abzugeben, in diesen Einrichtungen mit Beruhigungsmitteln zu Tode gespritzt. Die Zahl weiterer, in anderen Anstalten durch Gabe von Morphium oder das absichtliche Verhungern lassen getöteten und ermordeten Menschen ist unbekannt. Die Dunkelziffer ist enorm groß – und die Identifikation der Opfer meist nicht mehr möglich.
Das heißt, dass auch aus Hegensberg und Liebersbronn, Oberesslingen und Rüdern und den anderen Stadtteilen Esslingens Menschen ermordet wurden und Angehörige ihren Tod betrauern mussten. Inwiefern manch einer der Angehörigen gar das Mordprogramm unterstützte lässt sich erahnen, ist jedoch nur in einem Fall eindeutig belegt.
Die Lebensgeschichte der Ermordeten nachzuerzählen und sie so auch als Menschen und nicht nur als Kranke wahrzunehmen ist mit das Anliegen der Forschungsarbeit und wurde an diesem Abend deutlich.