Praytime 30

Von Almuth Zipf

Bittet, so wird euch gegeben…!?

Darf man eigentlich um alles bitten?

Oder verbietet der Anstand, die Höflichkeit, die Demut, die Scham uns bestimmte Bitten auszusprechen? Oder sie uns selbst auch nur einzugestehen?

Ist es besser um manche Dinge nicht erst zu bitten, weil sie sowieso nicht erfüllt werden? Oder was bedeutet es, wenn wir erleben, dass es eben nicht so ist, wie Jesus in der Bergpredigt sagt: Bittet so wird euch gegeben?

Die Erfahrung lehrt uns: Manche Bitten werden höchst wahrscheinlich nicht erfüllt. Meistens die, die aus einem geheimen Wunsch oder einer Sehnsucht entstanden sind.

Geheim nicht im Sinn von verboten, sondern im Sinn von: nur mir selbst bekannt; das, was man sonst eher nicht erzählt. Aber wäre es nicht manchmal auch schön, das Unausgesprochene auszusprechen und um das zu bitten, wovon man meint, man dürfe es nicht?

Beten ist auch eine Art, unsere Geheimnisse, Wünsche und Bitten auszusprechen. Auch die, die wir sonst niemandem sagen. Wir können diese Bitten leise vor Gott bringen, wir müssen sie nicht laut sagen, es muss niemand hören außer man selbst und Gott.

In der Bibel gibt es die Vorstellung, dass Gott dem Menschen ins Herz schauen kann: „Der Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.“ (1.sam 16, 7b)

Wir können uns Gott ganz zeigen, uns ganz bei ihm öffnen. Nicht weil wir meinen, dass Gott sowieso alles weiß, sondern weil Gott sich uns zuwendet und uns ganz kennenlernen will. Wir können vor Gott ehrlich mit uns selbst sein, und wir können ehrlich zu Gott sein. Das ist eine ganz besondere Kraft die im Gebet liegt. Beim Beten ist alles erlaubt, und Gott ist ziemlich gut darin, uns Menschen zu verstehen. Umgekehrt ist das nicht immer so einfach. Aber auch darum darf gebeten werden.

 „Gewiss ist, dass wir nichts zu beanspruchen haben, und doch alles erbitten dürfen.“ Dieser Satz ist ein bekanntes Zitat von Dietrich Bonhoeffer, der vermutlich viele Bitten hatte, die am Ende nicht erfüllt wurden. Trotzdem hat er sie vor Gott gebracht. Trotzdem hat er sie formuliert und sie sich bei Gott vom Herzen geredet.

Auch wenn unsere Situation ganz anders ist als die von Bonhoeffer, könnten wir das doch einmal versuchen: um das zu bitten, was wir uns sehnlichst wünschen. Gott unsere Geheimnisse anvertrauen. Uns vor Gott alles vom Herzen reden. Ganz still. vielleicht hilft es eine Kerze anzuzünden oder eine Runde spazieren zu gehen, und die Gedanken fließen zu lassen, die wir sonst eher wegschieben. Gott kann damit umgehen. Vielleicht befreit uns so zu beten ein bisschen von der Schwere mancher Bitte, vielleicht hilft uns so ein Gebet auch dann, wenn nicht das erfüllt wird worum wir bitten. Wir dürfen alles erbitten und haben doch nichts zu beanspruchen. Ein Bittgebet an Gott ist vor allem, dass wir uns Gott ganz freiwillig öffnen. Ob die Bitte erfüllt wird oder nicht, liegt nicht an uns und nicht an unserem Gebet. Das liegt bei Gott.

Was für eine Erleichterung!