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An diesem Sonntag gibt es wieder einen Impuls zum lesen oder anhören. Ich wünsche allen Leser*innen und Hörer*innen einen schönen Sonntag und viel Zuversicht für diesen Tag und diese Zeit. Herzliche Grüße, Almuth Zipf
Liedvorschläge: Himmelweit Nr. 1 „Himmelweit“, Herr Bleibe bei uns (Taize) HW 26, Vertraut den neuen Wegen GB 387
Bibeltext: Lk 24, 13-35
Impuls
Ein Lied spielt in meinem Kopf, schon ungefähr seit ein paar Tagen.
Ich kenn es schon seit ein paar Jahren, das Lied einer Band, die sich ziemlich gut ausdrücken kann. Offenbar drückt das Lied auch für diese Situation etwas aus.
„von hier an blind“ heißt es.
>>>Link https://www.youtube.com/watch?v=xyNWUY-wH5g
„Zwischen zwei Fragen…“ und „zwischen zwei Tagen…“ singt Judith Holofernes von der Band „Wir sind Helden“. Und sie singt: „ich weiß nicht weiter, ich weiß nicht wo wir sind, ich weiß nicht weiter, von hier an blind, von hier an, blind von hier an.“
Ich empfinde die aktuelle Situation als eine Art Zwischenzeit. Ihr vielleicht auch? Es ist eine Zeit, zwischen den Fragen- Alte Fragen haben ausgedient und neue Fragen müssen grade gefunden werden. Und Antworten erst recht, falls es sie gibt. Es ist eine Zeit des Ausprobierens, aber vor allen des Eingestehens: „Ich weiß nicht weiter.“ Gewissermaßen sind wir blind.
Waren wir davor schon, aber vielleicht waren wir für andere Dinge blind, als jetzt.
Wer sich das Video ansehen konnte, hat bemerkt, dass es bei dem Lied ganz und gar nicht darum geht, dass jemand im Sessel sitzt und lamentiert, dass er*sie nicht wisse was zu tun sei. In diesem Lied geht es ums unterwegs sein, darum auf dem Weg zu sein, obwohl man den Eindruck hat, nichts zu sehen, nichts absehen zu können.
So geht es auch uns grade, jedenfalls manchen. Viele Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden. Wie verhält man sich, trägt man eine Schutzmaske, geht man wieder in die Stadt zum Einkaufen? Wann wird es wieder Gottesdienste geben. Viele fragen sich das gerade: „Wie geht es jetzt weiter?“
Es gibt eine Geschichte aus der Osterzeit, die um diese Zeit des Jahres, nach Ostern, oft und gerne gelesen wird. Normalerweise wird sie im Gottesdienst gelesen.
Es ist die Geschichte, von zwei Personen aus Jesu umkreis, die unterwegs sind, obwohl sie nicht wissen, wie es weitergeht. Sie laufen auf einer Straße, vielleicht gehen sie wieder nach Hause nachdem das Abendteuer mit Jesus für sie zu Ende zu sein scheint.
Sie steht in Lukas 24, 13-35
https://www.bibleserver.com/LUT.ZB.NLB/Lukas24%2C13
Sie gehen miteinander, vielleicht mit Abstand, und sie unterhalten sich über das eine große Thema, das es grade gibt: Jesu Tod und sein Verschwinden. Sie sind verunsichert, und wissen nicht mehr, wie es jetzt weitergehen soll. Können sie einfach so zurückkehren, in ihr altes Leben? Können sie die Zeit zurückdrehen? Wahrscheinlich ahnen sie: es wird nie mehr so sein, wie davor.
Und während sie sich noch fragen und zaudern, kommt ein Dritter zu ihnen, einer, der das alles wohl nicht mitbekommen hat, ein Fremder, einen den sie nicht kennen. Ihre Augen wurden gehalten steht im Text. Sie wurden zugehalten sie haben nicht gesehen wer da mit ihnen geht.
Sie haben sich vielleicht so gefühlt, wie wir im Moment, sie haben sich vielleicht so gefühlt, wie das Lied beschreibt: von hier an blind, es ist nicht zu sehen, was alles noch kommen wird. Was möglich ist.
Der Andere fragt sie aus, über das Erlebte und Geschehene. Sie schütten ihm ihr Herz aus, und dann erklärt er ihnen alles. Aber sie sehen noch nicht. Sie wissen noch nicht wie es weitergeht. Aber fasziniert sind sie und sie laden ihn ein. Und als er dann das tut, was sie von ihm kennen, wie sie ihn das letzte Mal in Gemeinschaft erlebt haben, da erkennen sie ihn endlich, denn ihre Augen werden aufgetan und sie sehen: Der Fremde ist uns so vertraut. Wir kennen uns, und wir kennen uns doch nicht. Aber wiedererkannt haben wir ihn endlich.
Das wird uns auch passieren, dass wir Dinge wiedererkennen, die danach anders sind als davor. Vielleicht werden wir alle anders sein, als davor, und trotzdem werden wir uns wiedererkennen.
Es passiert etwas sehr Interessantes in dieser Geschichte: Als die beiden Jesus sehen können, erkennen sie ihn nicht. Als sie ihn aber erkennen können, sehen sie ihn nicht mehr.
Es gibt nur diesen einen kurzen Moment, zwischen zweimal Blinzeln, in dem sie sehen und erkennen. Und dann bleibt nur noch das erkennen, es bleibt der Glaube.
Denn sie gehen dahin zurück, woher sie kamen, woher sie geflohen sind – jetzt glauben sie es, dass es kein Zurück gibt und dass die Welt auf immer eine andere sein wird. Sie haben es erkannt.
Ihr Glaube wir begleitet von einem Gefühl, dass sie jetzt erst benennen können, auch wenn sie es schon davor gespürt haben. Sie sagen zueinander: „brannte nicht unser Herz.“ Dieses Brennen im Herz habt ihr vielleicht auch schon einmal gespürt. Es fühlt sich sehr voll an. Erfüllt. Man kann es schwer beschreiben.
Was erzählt uns diese Geschichte über geöffnete Augen und brennende Herzen für heute?
Wer wird uns die Augen dafür öffnen, was jetzt gebraucht wird? Wer wird uns die Augen öffnen, damit wir die Fremden als unsere Mitmenschen erkennen? Wer wird uns die Augen für das ganz andere öffnen? Damit wir erkennen und glauben.
Was brennt uns auf der Seele, in dieser Zwischenzeit, im blinden Unterwegssein? Was brauchen wir? Was können wir geben? Wofür setzten wir uns ein, mit dem was wir haben. Wen bitten wir um das, was wir brauchen?
Wir werden nicht immer so blind unterwegs sein wie jetzt, aber wirklich wissen können, was kommt, werden wir trotzdem nicht. Wir werden uns in der anderen Welt und in der Zwischenzeit zurechtfinden. Wir haben einander. Wir sind zusammen unterwegs, auf neuen Wegen, in anderen Zeiten.
Aber wir sind nicht allein. Jesus hat sich zu uns gesellt und begleitet uns, ob wir ihn erkennen oder nicht. Er ist da. Er bleibt bei uns.
Amen.
Gebet:
Du Auferstandener, Christus,
unsichtbar in unserer Mitte.
Zu dir beten wir.
Du bist das Leben.
Du hast dem Tod die Macht genommen.
Doch wir erleben,
wie der Tod immer noch nach uns greift.
Wir bitten um
dein Leben für die, die gegen den Tod ankämpfen,
dein Leben für die, die dem Tod ausgeliefert werden,
dein Leben für die, deren Kräfte versiegen.
Nimm uns die Angst.
Schenk uns Glauben.
Christus, du Auferstandener.
Du bist das Leben.
Du schenkst den Frieden, der die Welt überwindet.
Doch wir erleben,
wie weiter Unfriede herrscht.
Wir bitten um
deinen Frieden für die Menschen in Syrien,
deinen Frieden für alle, die eingesperrt und bedrängt werden,
deinen Frieden in unseren Häusern und Familien,
in unserer Nachbarschaft,
in unserem Land.
Nimm uns die Angst.
Schenk uns Frieden.
Christus, du Auferstandener.
Du bist das Leben.
Du gibst den Müden Kraft.
Du lässt uns aufatmen.
Wir danken dir
für den Atem,
für die Menschen an unserer Seite,
für den Glauben und dein Wort.
Dir vertrauen wir diese Welt an.
Dir vertrauen wir uns an.
Du bist das Leben. Halleluja.
Vater Unser
Amen.